Ophrys aveyronensis
P. Delforge 1984

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Aveyron (F), 28. Mai 2004


Es gibt Orchideenarten, von denen macht man 3 oder 5, oder vielleicht auch mal 10 verschiedene Bilder, dann ist es gut. Bei anderen wiederum gehen schon mal 2 oder 3 ganze Filme drauf. Warum? Na sie sind einfach interessant, besonders schön und vor allem so variabel, dass eigentlich jedes Exemplar anders aussieht. Da weiß man dann gar nicht, wann man aufhören soll mit knipsen. Zu dieser letzten Kategorie gehört zweifelsfrei Ophrys aveyronensis. Für viele ist es die schönste Ragwurz außerhalb des Mittelmeerraumes. In Dimension, Farbe und Malzeichnung einfach eine perfekte Synthese, dazu noch relativ großblütig, was will man mehr.

So ist die Aveyron-Ragwurz eigentlich unverwechselbar. Wer sie zum ersten Mal sieht, bleibt sprachlos stehen ob dieser herrlichen Spezies. Das Perigon meist mehr oder weniger intensiv rötlich gefärbt und die Lippe gezeichnet mit einem sehr variablen, meist aber skurril verzweigten und auf die ganze Fläche ausgedehnten Mal stehen sie da als wollten sie sagen: "Was bin ich doch schön, willst du mich nicht fotografieren?". Ein weiteres Merkmale sind die auffällig breiten, von der Form her an die Gargano-Ragwurz erinnernden Petalen.

Ophrys aveyronensis ist auch deshalb eine ganz besondere Kostbarkeit, weil ihr Verbreitungsgebiet sehr klein ist und sie somit in größerem Rahmen betrachtet sehr selten ist. Zuerst entdeckt hat man sie, wie der Name schon sagt, im Departement Aveyron in Südfrankreich, und zwar vergleichsweise spät, nämlich erst 1983. Damals wurde sie von J. J. Wood als Ophrys sphegodes ssp. aveyronensis beschrieben. Ein Jahr später dann wurde sie, sicher zurecht, von Delforge in den Artrang erhoben. In Südfrankreich kommt sie auf den Kalkhochflächen des südlichen Zentralmassivs und der Causse du Larzac (Departements Aveyron und Hérault) vor. Genau genommen ist es nur ein vergleichsweise schmales Band von 3-6 Kilometer Breite und 45 Kilometer Länge.

Groß war denn auch die Überraschung, als Rémy Souche und Carlos Enrique Hermosilla vor wenigen Jahren auch im Norden Spaniens Pflanzen fand, die entsprechende Merkmale hatten. Über eine Strecke von über 550 Kilometer Luftlinie und die Barriere der Pyrenäen hinweg isoliert vom Aveyron war man sich nicht einig, ob es sich hier tatsächlich um dieselbe Ophrys aveyronensis handelt, und manche zweifeln noch heute. Wir konnten an einigen Standorten den spanischen "Ableger" ansehen und haben keine signifikanten Unterschiede zu den südfranzösischen Pflanzen festgestellt. Ob die Art in beiden Gegenden denselben Bestäuber hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Sollte dies so sein, bestünden keine Zweifel mehr an der Identität der spanischen Bestände. Beobachtet wurden die Bienen Andrena hattorfiana und Volucella bombylans. Warum sich zwei derart isolierte Verbreitungsgebiete herausbilden konnten bleibt eines der vielen Geheimnisse der Natur. Das spanische Teilgebiet ist übrigens um ein Vielfaches größer als das südfranzösische.

Ophrys aveyronensis blüht relativ spät, und zwar von Anfang Mai bis Mitte Juni, wobei die Hauptblütezeit Ende Mai liegt. Sie wächst auf kalkhaltigen Böden in 600 bis 850 Meter Höhe und steht meist vollsonnig bis halbschattig in Magerrasen und lichten Gebüschen. In Frankreich sind bislang Hybriden bekannt mit Ophrys apifera, Ophrys litigiosa, Ophrys passionis und Ophrys scolopax, während in Spanien Hybriden mit Ophrys aranifera, Ophrys castellana und Ophrys tenthredinifera ficalhoana gefunden worden sind. Im Jahr 2003 gelang den Verfassern der Erstfund einer weiteren, spektakulären Hybride in Südfrankreich. Dass Hybriden mit Vertretern aus der Ophrys fusca-Gruppe besonders attraktiv sind, bestätigt auch diese Hybride mit Ophrys sulcata, die als Zugabe links abgebildet ist. Sie wird in Kürze von Rémy Souche beschrieben werden. Weitere Fotos dieser Rarität können Sie in unserem Bildarchiv bestaunen.

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Aveyron (F), 28. Mai 2004


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Ezcaray (E), 1. Juni 2003


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Aveyron (F), 29. Mai 2003, mit Ophrys passionis


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Ezcaray (E), 1. Juni 2003


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Hybride mit Ophrys sulcata, Aveyron (F), 28. Mai 2004