Ophrys bertolonii subsp. flavicans

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12. April 2007, Grebastica (HR)


Diesmal haben wir einen Vertreter ausgewählt, der ehemals unter Ophrys bertoloniformis, also den "bertolonii-ähnlichen" Ragwurzen zusammengefasst wurde. Während Ophrys bertolonii ssp. bertolonii eindeutig unter anderem an der stark geknieten Lippe und der deutlichen Einschnürung des Lippengrundes zu erkennen ist, sind die Unterarten mit mehr oder weniger gerader Lippe - eben die bertolonii-ähnlichen - manchmal nur schwer zu unterscheiden. Insbesondere die Taxa "aurelia", "magniflora" und "saratoi" sind morphologisch sehr ähnlich. Hier ist man bei der Untergliederung der ursprünglichen Ophrys bertoloniformis offensichtlich etwas zu weit gegangen. Wir führen diese Taxa deshalb als relativ großblütige Vertreter in unserem Archiv unter Ophrys bertolonii ssp. benacensis, haben sie allerdings jeweils in Anführungszeichen gesetzt, so dass sie getrennt aufgerufen und über unsere neue Funktion des Artvergleichs gut miteinander verglichen werden können. So können Sie sich selbst ein Bild mache und nach signifikanten Unterschieden suchen.

Die "gelbliche Ragwurz", unsere Orchidee des Monats Juni 2007, ist allerdings relativ gut zu identifizieren. Da ist zum einen, was der Name schon vermuten lässt, die relativ helle (braune) Lippengrundfarbe mit brauner Behaarung. Dieses Merkmal trifft meist schon auf die sich öffnenden Blüten zu, ist aber im Laufe der Anthese noch deutlicher zu sehen. Des Weiteren sind die Blüten signifikant kleiner als bei den anderen Unterarten. Und auch im Blütezeitpunkt unterscheidet sie sich von den anderen Vertretern der Ophrys bertolonii-Gruppe. Während diese nämlich eher zu den Spätblühern unter den Ragwurzen zu rechnen sind, ist Ophrys bertolonii ssp. flavicans eine ganz Frühe. Sie blüht bereits Mitte März auf, lange bevor die ersten Ophrys bertolonii ssp. bertolonii, mit der sie oft zusammen vorkommt, aufblühen. Die Überschneidung der Blühzeitpunkte ist somit relativ kurz. Wer diese hübsche Art also sehen will, der muss sich schon recht früh und vor dem Blühbeginn der meisten anderen Arten auf den Weg machen.

Apropos hübsch: Nach den Fakten noch etwas Emotion. Jeder hat ja so seine Lieblingsorchidee. Die bleiche Ragwurz jedenfalls hat das Zeug dazu. Gewiss, die Blüten sind relativ klein, auch fehlt ein auffälliges Mal mit starken Kontrasten. Trotzdem, oder gerade wegen dieser Bescheidenheit ist sie eine elegante Erscheinung mit besonderer Ausstrahlung. Perigon, Lippenform, -farbe und Behaarung harmonieren wie wir finden besonders gut miteinander. Soviel Schmeichelei muss sein.

Während die Nominatform im Mittelmeergebiet weit verbreitet ist, ist Ophrys bertolonii ssp. flavicans geografisch isoliert. Die gelbliche Ragwurz besiedelt nämlich ein relativ eng abgegrenztes Areal in Dalmatien. Auch das erleichtert die Identifizierung, weil in diesem Gebiet kein anderer Vertreter der "bertolonii-ähnlichen" Gruppe vorkommt. Und selbst in diesem kleinen Gebiet ist sie eine Rarität und wesentlich seltener als Ophrys bertolonii ssp. bertolonii. Wo sie allerdings vorkommt, kann sie auch gesellig in kleineren Gruppen auftreten, was am Foto links, aufgenommen am Bankett der Hauptstraße und von uns im Vorbeifahren entdeckt, gut zu sehen ist. Die Unterart braucht alkalisches Substrat und steht meist vollsonnig, ist also ein "Sonnenkind". Sie wächst in Magerrasen und Garriguen tieferer Lagen, über 200 Höhenmeter hat man sie bislang nicht gefunden. Selbst auf extrem trockenen und lückig bewachsenen Kalksteinhalden kann man sie manchmal entdecken. Gerade bei kleinwüchsigeren Exemplaren muss man natürlich schon genau hinsehen, sonst läuft man glatt an dieser Schönheit vorbei.

Von vielen Orchideenfreunden wird Ophrys bertolonii ssp. flavicans als gefestigte Hybride zwischen Ophrys bertolonii ssp. bertolonii und Ophrys sphegodes s.l. betrachtet. So etwas kommt schon gelegentlich vor, wenn auch Hybriden meist Einzelerscheinungen bleiben. In Frage kommt wegen der kleinen Blüten und frühen Blütezeit insbesondere Ophrys sphegodes ssp. tomasinii. Dies klingt zwar - auch wegen des relativ kleinen und sich überlappenden Verbreitungsgebiets - plausibel, wird letztlich jedoch erst durch umfangreiche genetische Untersuchungen zweifelsfrei zu bestätigen sein. Wir halten den Rang der Unterart durchaus für gerechtfertigt.

Alle Vertreter des Ophrys betrolonii-Formkreises werden durch Solitärbienen der Gattung Chalicodoma bestäubt. Bei der Unterart flavicans ist es Chalicodoma manicata. Auch Hybriden wurden bereits gefunden, insbesondere mit Ophrys incubacea ssp. incubacea. Leicht zu unterscheiden sind sie allerdings nicht von den gar nicht so seltenen Hybriden zwischen Ophrys bertolonii ssp. bertolonii und Ophrys incubacea ssp. incubacea. Dass die ssp. flavicans oft mit der ssp. bertolonii vergesellschaftet vorkommt, erleichtert die Identifizierung solcher Hybriden auch nicht gerade.

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4. April 2007, Pirovac (HR)


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4. April 2007, Pirovac (HR)


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4. April 2007, Pirovac (HR)


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5. April 2007, Vodice (HR)