Ophrys tardans
O. und E. Danesch (pro hybr.) 1972

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Apulien (I), 22. April 2002


Ophrys tardans ist eine jener Ragwurzarten, die auf der Wunschliste der Orchideenfreunde ziemlich weit oben stehen. Das liegt auch daran, dass die Blüten dieser Art sehr hübsch anzusehen sind. Auch fotografieren lassen sie sich recht gut, im Gegensatz beispielsweise zu den Vertretern der Ophrys bertolonii-Gruppe, weil der Kontrast nicht so stark ausgeprägt ist. Auffallend sind die Pflanzen aber nicht, was insbesondere am verhältnismäßig niedrigen Wuchs liegt. Außerdem sind die Pflanzen wenigblütig und es kommen keine Massenbestände vor, wie beispielsweise bei Ophrys tenthredinifera ssp. neglecta. An ihren Vorkommensplätzen sind sie eher sehr zerstreut anzutreffen, so dass man schon ein bisschen suchen muss um sie zu entdecken.

Schon allein beim ersten Blick auf die Blüten kommt der Verdacht auf, es könnte sich um Hybriden mit Ophrys tenthredinifera ssp. neglecta handeln. Und auch der zweite Elter scheint leicht auszumachen, nämlich Ophrys candica. Das würde ganz gut passen, denn einerseits kommt Ophrys candica im Verbreitungsgebiet von Ophrys tardans vor, meist auch am selben Standort. Zweitens liegt der Blühzeitpunkt von Ophrys tardans zwischen den genannten Arten. Sie steht in Vollblüte, wenn Ophrys neglecta weitgehend verblüht ist und die ersten Ophrys candica aufgeblüht sind. Auch die Autoren sind der Auffassung, dass es sich bei Ophrys tardans sehr wahrscheinlich um eine stabilisierte Hybridpopulation handelt.

Die Tatsache, dass ihr Verbreitungsgebiet vergleichsweise klein ist, stützt diese Hypothese ebenfalls. Ophrys tardans ist nämlich ein Endemit Südapuliens. Der Schwerpunkt des Vorkommens liegt in der Provinz Lecce. Sie bevorzugt kalkhaltige, trockene Böden und wächst vollsonnig bis halbschattig in mageren Wiesen und Garriguen bis in eine Höhe von 400 Metern. Allerdings gibt es auch andernorts Hybriden zwischen Ophrys candica und Vertretern der Ophrys tenthredinifera-Gruppe. Sie sind aber selten, entstehen spontan und treten einzeln auf. Auch wenn sie Ophrys tardans sehr ähnlich sehen kann man sie nicht dieser Art zurechnen.

Ophrys tardans muss wegen ihrer Seltenheit zu den gefährdeten Spezies gezählt werden. Dies liegt insbesondere an der Aufgabe der Weidenutzung und der zunehmenden Bebauung ihrer Standorte. So wurde der Platz, an dem die meisten der hier abgebildeten Fotos aufgenommen wurden, schon ein Jahr nach unserem Besuch durch Bebauung vernichtet. Eine Trendwende ist derzeit leider nicht in Sicht.

Weil Ophrys tardans zwischen Ophrys neglecta und Ophrys candica vermittelt und mal mehr zur einen, mal mehr zur anderen Art tendiert, sind Hybriden mit anderen Ragwurzarten nur schwer zu erkennen. Wir fanden ein stattlich gewachsenes Exemplar mit auffällig großen Blüten und Blütenlippen. Da am selben Standort auch Ophrys apulica vorkommt, lag für uns der Verdacht nahe, es könnte sich um eine Hybriden zwischen diesen beiden Arten handeln. Sie steht, wie auch weitere Fotos von Ophrys tardans, im Bildarchiv von www.orchis.de und wie bei fast allen Abbildungen können Sie selbst entscheiden, ob unsere Namengebung richtig ist oder nicht.

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Apulien (I), 22. April 2002