Orchis coriophora subsp. coriophora
Linnée 1753

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Cevennen (F), Mai 1987


Dieses Knabenkraut ist in Deutschland eine absolute Rarität. Dabei kam es früher in einigen Gegenden gar nicht so selten vor. Heute sind nur noch rund 20 Standorte in Bayern geblieben, die von den Naturschützern mit Argusaugen überwacht werden. Nördlich der Mainlinie ist die Art offensichtlich ausgestorben. Warum die Bestände so dramatisch zurückgegangen sind, kann letztlich nicht zweifelsfrei gesagt werden. Natürlich hat der Lebensraumverlust und eine Eutrophierung der Gesamtlandschaft dazu beigetragen. Aber selbst an Standorten, die sich nachweislich kaum verändert haben und gut gepflegt wurden, ist die Art verschwunden bzw. immer noch im Rückgang begriffen. Der uns vermutlich bevorstehende Klimawandel wird sich vermutlich nicht gerade positiv auf diesen Rückgang auswirken. Vielmehr ist zu vermuten, dass insbesondere die feuchtigkeitsliebenden, gemäßigten oder eher nördlich verbreiteten Arten weiter zurückgehen werden, während wärmeliebende Spezies, beispielsweise aus dem Mittelmeer, sich weiter ausbreiten könnten.

Die Art hat ein relativ großes, aber lückiges Verbreitungsgebiet in Europa, Nordafrika und Vorderasien. Im mittelatlantischen und nord-subatlantischen Florengebiet fehlt die Art hingegen. Es handelt sich somit um ein meridional submeridional temperates Florenelement. Das Höhenprofil reicht von Meeresniveau bis hinauf in rund 2.500 Meter über dem Meer. Die Blütezeit reicht von April bis in den Juni, wobei die Anzahl blühender Pflanzen von Jahr zu Jahr stark schwankt. Die Art wächst in Magerwiesen, lichten Wäldern und Gebüschen, in Süddeutschland in Feuchtwiesen, jeweils auf basenreichen Böden

Das Wanzenknabenkraut wurde von einigen Autoren auch zu einer neuen Gattung Anteriorchis gestellt (Anteriorchis coriophora). Begründet wurde dies mit Ergebnissen aus Farbstoffuntersuchungen und wegen anderer morphologischer Unterschiede. Unserer Meinung nach reicht dies nicht aus zur Etablierung einer neuen Gattung. Diskutiert werden kann natürlich, ob auf Grund der vielen Übergänge zwischen den einzelnen Subspezies (vor allem im Kontaktbereich) und Varianten eine weitere Untergliederung von Orchis coriophora überhaupt sinnvoll ist. Wir führen in unserem Archiv neben der hier behandelten subsp. coriophora noch die subsp. fragrans und die subsp. Martrinii.

Auch wenn dieses Knabenkraut vergleichsweise unauffällig ist, kann man es meist kaum übersehen. Dies liegt z.B. an der auffälligen schmutzig rotbraunen Farbe der Blüten einschließlich des Sporns (!), die aus dem Farbschema der Begleitvegetation heraussticht. Die Art ist charakteristisch und kann allenfalls mit ihrer Schwester, der subsp. fragrans verwechselt werden. Von ihr unterscheidet sie sich durch die insgesamt eher dunklere Farbe der Blüten und insbesondere den Standort. Während nämlich die subsp. fragrans sehr trockene Standorte im Mittelmeerraum braucht, kommt die subsp. coriophora eher an frischen, feuchten bis nassen Stellen auch außerhalb des engeren Mittelmeergebiets vor. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der eher unangenehm an Wanzen erinnernden Geruch der Blüten, der dieser Art den Namen "Wanzenknabenkraut" einbrachte. Die Mittelmeervariante dagegen richt meist angenehmer nach Mandel.

Die Art hybridisiert selten mit anderen zweiknolligen Vertretern aus der Knabenkrautgruppe, sehr selten auch mit Zungenständelarten oder Anacamptis pyramidalis (Gattungshybriden). Besonders schön ist beispielsweise die Hybride mit Orchis papilionacea subsp. grandiflora, die Sie in unserem Archiv bewundern können. Auch von Hybriden mit Aceras anthropophorum und Dactylorhiza incarnata wird berichtet, was wir für unwahrscheinlich halten. Die Wanze ist eine allogame Nektarblume mit hohem Fruchtansatz, die durch Solitärbienen bestäubt wird. Die Chromosomensatz beträgt 2n = 38 (36).

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Pollino (I), 30. Mai 2002


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Kaufering (D), 15. Juni 2006


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Kaufering (D), 15. Juni 2006


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Kaufering (D), 15. Juni 2006