Herminium monorchis
(L.) R. Brown 1813

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Schwäbische Alb (D), Juli 1986


Herminium monorchis gehört zu den oft übersehenen Kostbarkeiten unserer Heimat. Nicht nur, dass sie mit 6-20 Zentimeter hohem Blütenstand ziemlich klein im Wuchs ist. Auch ihre (spornlosen!) Blüten sind vergleichsweise klein und vor allem grüngelb gefärbt. Kein Wunder, dass man diese Orchidee meist erst sieht, wenn man vor ihr steht und zufällig auf die richtige Stelle schaut. Da hilft es auch nicht, dass die Art im Erscheinungsbild wenig variabel ist und an ihren Wuchsorten meist in mittleren bis größeren Trupps wächst. Der Grund liegt im interessanten und von den meisten anderen einheimischen Arten abweichenden Fortpflanzungsverhalten. Es ist nämlich nicht so wie bei beispielsweise bei den Knabenkräutern oder Ragwurzen, dass sich neben der alten Knolle eine neue bildet. Herminium monorchis treibt nach dem Abblühen aus den Achseln der untersten Schuppenblätter eine oder mehrere Stolone, an deren Enden sich dann jeweils eine Knolle für den Trieb im nächsten Jahr entwickelt. Vorausgesetzt, die Wuchsbedingungen sind zusagend, kann sich die Art auf diese Weise gut vegetativ vermehren. Dies ist auch nötig, denn die Samenproduktion ist sehr gering. Die Art blüht übrigens sehr unstetig und es kann vorkommen, dass man in einem Jahr Hunderte Blütenstängel findet, im nächsten Jahr dagegen gerade mal ein Dutzend.

Es gibt übrigens Leute, die riechen die Herminie noch bevor sie sie sehen. Sie verströmt nämlich einen intensiven Honigduft, den es so bei keiner anderen Art gibt und ihr auch den Namen Honigorchis eingebracht hat. Während der Artname "monorchis" wegen der einzelnen Knolle noch nachvollziehbar ist, ist der Gattungsname kurios. "hermis" bedeutet nämlich Stütze oder Bettpfosten. Die Namensgeber waren offensichtlich der Meinung, dass der Blütenstand einem gedrechselten Bettpfosten ähnelt. Wahrscheinlich haben sich die Zeiten und damit auch die Bettgestelle im Laufe der Zeit ziemlich gewandelt.

Die Einknolle, wie sie auch genannt wird, hat ein vergleichsweise großes Verbreitungsgebiet. Es reicht vom Hauptvorkommensgebiet in der temperaten Zone Europas bis in den Mittelmeerraum (Apennin, Balkan) und nach Skandinavien. Nach Osten kommt sie im Kaukasus und sogar in Japan und China bis zum Himalaya vor. Wer es genau haben möchte: Es ist ein (w) + z + (o)-submediterran pannonisch karpatisch (s) + m-atlantisch subatlantisch zentraleuropäisch sarmatisch (skandinavisches) Florenelement. Gut abgeschrieben, gell? In Mitteleuropa war sie einst weit verbreitet. Zwischenzeitlich sind jedoch viele Bestände unwiderruflich erloschen, so dass sie heute extrem selten geworden ist.

Ihr Lebensraum sind Magerrasen und –weiden, Dünen, Hang- und Flachmoore, Auewiesen (Bayern) und auch magere Bergrasen. Sie bevorzugt kalkhaltige Böden, an vollsonnigen bis halbschattigen Standorten und reagiert – wie übrigens auch Spiranthes spiralis - sehr empfindlich auf ausbleibende Niederschläge und Verbrachung. Letzteres ist kein Wunder, gehört die Herminie doch zu den wenig konkurrenzkräftigen Pflanzenarten, die sich gegen Obergräser oder Schilf nicht behaupten kann. Man kann sie vom Tiefland bis hinauf auf fast 2.000 Meter Meereshöhe finden, die Blütezeit liegt demnach in einer relativ weiten Bandbreite zwischen Mitte Mai und Mitte August.

Der Chromosomensatz beträgt 2n=40, 42. Bestäubt wird die Honigorchis von verschiedenen kleinen Insektenarten. Als Hybridpartner wird Pseudorchis albida angegeben, was jedoch mehr als zweifelhaft ist. Nach unserer Kenntnis bildet die Art keine natürlichen Hybriden, auch wenn es vom Chromosomensatz her theoretisch denkbar wäre.

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Schwäbische Alb (D), Juli 1986


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Schwäbische Alb (D), Juli 1986


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Albula (CH), 11. Juli 2002


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Albula (CH), 11. Juli 2002