Serapias lingua
Linné 1753

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Kreta (GR), April 1989


Bei den Zungenständeln ist die wundersame Vermehrung der Arten in den letzten Jahren glücklicherweise ausgeblieben. Gewiss, gerade bei den kleinblütigen Arten ist etwas dazu gekommen, aber es bleibt doch überschaubar. Sehr gut zu erkennen sind die Vertreter der Gruppe der einschwieligen Zungenständel. Schon der Name gibt einen Hinweis auf das charakteristische Merkmal dieser Artengruppe. Die Zungenständel haben nämlich am Grund der Lippe schwielenartige Erhebungen. Bei allen Arten sind es zwei parallele Schwielen, nur eben nicht bei Serapias lingua und den anderen mittlerweile 5 Arten der Gruppe. Da ist es eben nur eine. Und so kann man alleine an diesem Merkmal die Vertreter der Gruppe zweifelsfrei identifizieren. Man muss eben in die Knie gehen und einen Blick ins Innere der Blüte werfen. Serapias lingua selbst ist wiederum relativ gut zu erkennen, obwohl sie in der Blütenfarbe sehr variabel ist. Im Durchschnitt sind die Blüten jedoch heller (rosa) bis hin zu fast weiß im Vergleich zu anderen Arten. Die Schwiele ist jedoch immer sehr dunkel und kontrastiert meist auffallend zur inneren Blütenlippe.

Der einschwielige Zungenständel hat ein relativ weites Verbreitungsgebiet im Mittelmeerraum. Es reicht von Süd- und Mittelfrankreich, wo die Art bis in die temperate Zone der Loire und Isère ausstrahlt und zwischenzeitlich sogar in der Bretagne gefunden wurde, ostwärts bis zur Zentral- und Südägäis. Es ist damit ein mediterran submediterran süd-atlantisch süd-subatlantisches Florenelement. Da sich die Art sehr gut vegetativ vermehren kann, bildet sie an ihren Standorten meist ansehnliche Trupps mit teilweise bis über Hundert Blütenstängeln, was man an der Habitus- und Standortaufnahme sehr gut sehen kann. Kolonien von mehreren Tausend Individuen sind durchaus keine Seltenheit. Dann kann man diese hübsche, aber mit 10-30 Zentimeter vergleichsweise niedrig bleibende Pflanze wirklich nicht mehr übersehen.

Wie andere Zungenständelarten auch kann man sie in lichten Wäldern, Garriguen und Magerrasen an vollsonnigen oder halbschattigen Plätzen finden. Sie ist eine relativ bodenvage Art. Sie kann auf sehr trockenen Standorten leben, steht aber auch an feuchten Standorten, zum Beispiel in nassen Straßengräben oder in Feuchtwiesen, wo sie oft gemeinsam mit Orchis laxiflora vorkommt. Das ist schon ungewöhnlich, denn normalerweise mögen es die Orchideen entweder trocken oder feucht. Und auch beim Ph-Wert des Bodens hat sie ein breites Spektrum. Sie wächst auf Kalkboden ebenso wie an sauren und kalkarmen Standorten. Dort bildet sie sogar besonders ansehnliche Bestände. Grundsätzlich gehören im Mittelmeerraum auf sauren Böden die Zungenständel zu den häufigsten Orchideenarten und fehlen in kaum einer Pflanzenliste der Orchideenfreunde.

Serapias lingua geht hinauf bis rund 1.200 Höhenmeter. Sie blüht von März bis Juni, wobei sie zu den ersten Zungenständel des Jahres zählt. Ihre Blütezeit überschneidet sich mit Serapias vomeracea und Serapias neglecta, während Arten aus der Serapias cordigera-Gruppe deutlich später blühen. Insgesamt zählen die Zungenständel im Vergleich zur Mehrzahl der anderen Orchideenarten eher zu den Spätblühern.

Da auch andere Zungelständelarten ähnliche Standortsansprüche haben, kann man den Einschwieligen Zungenständel oft in Gesellschaft mit anderen Arten der Gattung finden. Dann kommt es auch ab und an zu Hybridbildungen, die mit jeder Art innerhalb der Gattung möglich sind. Will man diese Kreuzungen erkennen, muss man schon etwas näher hinsehen. Sehr viel einfacher ist es bei den Gattungshybriden, die Zungenständel selten mit Arten der Gattung Orchis bilden. Diese sogenannten X Orchiserapias gehören mit ihrer meist tief dunkelviolett-roten Blütenfarbe und der ausgebreiteten, weit aus dem Helm heraus ragenden Blütenlippe zu den schönsten Hybriden überhaupt und sind schon von weitem aus der Masse der Elternarten heraus zu erkennen. Einige haben wir im Bildarchiv abgebildet. Gefunden wurden bislang Kreuzungen mit Orchis coriophora, O. longicornu, O. morio, O. morio picta, O. papilionacea und O. purpurea. Kommen allerdings mehrere Zungenständel oder Knabenkrautarten in der Umgebung der Hybride vor, wird die Sache schwierig. In vielen Fällen sind dann die Eltern nicht zweifelsfrei zu identifizieren, da sollte man sich nichts vormachen. Die angegebenen Kreuzungen mit Anacamptis pyramidalis haben wir noch nie gesehen, so dass wir uns darüber kein Urteil erlauben wollen.

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Monte Argentario (I), April 1985


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Monte Argentario (I), April 1985


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Burgos (E), 2. Juni 2003


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Aveyron (F), 25.5.2005