Epipactis palustris

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Schwäbische Alb (D), 4. Juli 2010


Mit unserer aktuellen Orchidee des Monats begeben wir uns auf feuchtes Terrain. Erkennbar wird das schon im Namen. Epipactis palustris heiß nämlich Sumpf-Stendelwurz, was eine ganz zutreffende Bezeichnung ist. Orchidee des Monats ist übrigens nicht die erste Auszeichnung für diese Art, 1998 wurde sie bereits vom Arbeitskreis heimische Orchideen (AHO) zur Orchidee des Jahres gekürt.

Die Art ist eindeutig zu erkennen und damit unverwechselbar, was deshalb besonders erwähnenswert ist, weil das für die meisten Vertreter der Gattung Epipactis leider nicht zutrifft. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass gerade in jüngster Zeit die Zahl der sogenannten "Arten" innerhalb der Gattung Stendelwurz stark zugenommen hat, für uns oft nicht nachvollziehbar. Epipactis palustris allerdings gehört schon zum "Urgestein", bereits 1753 wurde sie erstmals erwähnt, damals allerdings unter dem Namen Serapias helleborine var. palustris. Ansonsten gibt es bei der Namensgebung keine Diskussionen, es ist eine gut abgegrenzte und gute Art, das tut auch mal gut.

Die Sumpf-Stendelwurz, auch Echte Stendelwurz oder Weiße Stendelwurz genannt, hat ein vergleichsweise großes Verbreitungsgebiet. Es umfasst die temperaten und submeridionalen Zonen Europas und Vorderasiens und dringt in Skandinavien vereinzelt in die boreale, und bis Süditalien, Mittelgriechenland und Südostanatolien in die meridionale Zone vor. Außerdem kann man die Pflanze in der temperaten Zone Asiens ostwärts bis Sibirien, in Kaukasien und Westpersien sowie im Irak finden. Auch in Mitteleuropa ist sie zum Glück noch weiter verbreitet, beispielsweise in den Mooren und Feuchtwiesen des süddeutschen Alpenvorlands, wo die Art auch große und dichte Bestände von mehreren Tausend Exemplaren bilden kann. Die Geselligkeit hat sie auch der Fähigkeit zur vegetativen Vermehrung zu verdanken. Ansonsten ist der Rhizomgeophyt allogam und fakultativ autogam, beherrscht also vermehrungstechnisch das gesamte Programm. Es ist übrigens eines der wenigen Orchideen-Taxa, die nur zwei Jahre Entwicklungszeit vom Samen bis zur Blüte brauchen. Auch das dürfte zu den teilweise individuenreichen Beständen beitragen.

Die Art blüht je nach geografischer Lage und Höhe von Mitte Juni bis Mitte August. Bevorzugte Standorte sind wechselfeuchte Wiesen, Sumpfwiesen, Quellhänge und ähnliche, ganzjährig wasserbeeinflusste Standorte. Die Böden sollten kalkhaltig oder zumindest basisch sein, saure Böden mag sie nicht. Das ist auch der Grund, warum man die Art zwar in den Kalk-Flachmooren, nicht aber den bodensauren Hoch- oder Übergangsmooren findet. Für eine Stendelwurz-Art ist sie zudem vergleichsweise lichtbedürftig, oft steht sie vollsonnig in den Sumpfwiesen bis hinauf in über 2.000 Meter über dem Meer.

Die rosa-gelbe Zeichnung der Blüten ist sehr dezent. Albinos, die gelegentlich vorkommen, tragen eine reinweiße Lippe. Naturhybriden sind bislang nur mit Epipactis atrorubens zweifelsfrei nachgewiesen. Ihre Vorkommen sind Pilgerstätten für Orchideenfreunde, kein Wunder, sind sie doch ausgesprochen fotogen, was unser Bildarchiv zeigt. Der Chromosomensatz beträgt 2n=40, 44, 46, 48.

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Schwäbische Alb (D), 4. Juli 2010


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