Nigritella corneliana
(BEAUVERD) GÖLZ & REINHARD 1986

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Blumenbunte alpine Wiese in rund 2300 Höhenmetern, charakteristischer Standort von Nigritella corneliana.


Cornelias Kohlröschen ist eine der botanische Kostbarkeit der Südwestalpen. Entdeckt wurde sie bereits im letzten Jahrhundert von REICHENBACH. Beschrieben allerdings wurde sie erst viel später, nämlich 1925 durch Beauverd. Er untersuchte Pflanzen, die die Genfer Botanikerin Cornelia RUDIO am Col du Lautaret in rund 2300 Metern Meereshöhe gesammelt hatte und benannte sie nach der Finderin als Unterart von Nigritella nigra. Der Status von Nigritella corneliana war lange Zeit umstritten. 1986 schließlich wurde sie zur eigenständigen Art erhoben, was sicherlich gerechtfertigt ist.

Sie ist endemisch in einem verhälnismäßig kleinen Gebiet zwischen Savoien und den Seealpen. Nördlichster Fundort ist der Col du Mont Cenis. Südlichster Punkt: Mille Fouches in den Alpes Maritimes, westlichster Punkt: l'Alpes d'Huez, östlichster Punkt: Colle di Tenda. Nigritella corneliana bevorzugt alpine Wiesen auf kalkreichen Böden, scheut aber entgegen einiger Angaben aus der Literatur auch saure Böden nicht. So kommt sie in der Gegend von l'Alpes d'Huez auch auf basenarmen Untergrund in respektablen Beständen vor. Tendenziell sind die Pflanzen hier kleinwüchsiger als auf kalkhaltigem Untergrund weiter im Süden, was möglicherweise aber auch an unterschiedlichen Klimabedingungen liegt. Der Blühzeitpunkt liegt im Süden bei Ende Juni / Anfang Juli und in höheren Lagen im zentraleren Alpenbereich bei Mitte Juli bis Anfang August. Mitte bis Ende Juli sind die besten Exkursionstermine für diese Art. Der Chromosomensatz beträgt 2n=40.

Nigritella corneliana bevorzugt Höhenlagen über 2000 Meter. Nur in wenigen Fällen wurde sie bis hinunter auf 1800 Meter gefunden. Interessant ist die Höhenzonierung im Vergleich mit den beiden anderen Kohlröschen-Arten bzw. -Unterarten, die im Verbreitungsgebiet der Nigritella corneliana vorkommen. Sowohl Nigritella nigra ssp. gallica als auch Nigritella rhellicani steigen nicht so hoch hinauf wie Nigritella corneliana. An einem Standort in den französischen Alpen haben wir Nigritella corneliana zwischen 2200 und 2450 Metern gefunden, während Nigritella rhellicani und Nigritella nigra ssp. gallica zwischen 2100 und 2200 Höhenmetern wuchs.

Beste Unterscheidungsmerkmale sind rosa gefärbter Blütenstand, wobei die Knospen intensiver gefärbt sind als die geöffneten Blüten und bei den geöffneten Blüten die Spitzen stärker getönt sind als die Blütenbasis. Die Blüten von Nigritella nigra sind in der Regel dunkelbraun-schwärzlich die meist 1,5 bis 3 Millimeter über dem Grund mehr oder weniger sattelförmig verengte Lippe, bei Nigritella nigra meist ausgebreitet und kaum verengt der frühe Blützeitpunkt, der bei Nigritella corneliana rund eine Woche vor Nigritella nigra ssp. gallica und rund 2 Wochen vor der kleinblütigeren Nigritella rhellicani liegt die im allgemeinen größere Zahl an (Grund)-blättern.

Obwohl die Arten also nach der Literatur gut gegeneinander abgegrenzt sind, ist im Übergangsbereich eine eindeutige Zuordnung manchmal problematisch. Dies liegt daran, dass Nigritella corneliana durchaus eine gewisse Variabilität aufweist, insbesondere was die Blütenfarbe betrifft. Auch das wichtige Unterscheidungsmerkmal der Einschnürung der Lippenbasis ist in Natura leider nicht immer so eindeutig wie es die Literatur glauben lassen mag. Hinzu kommt, dass auch die schwarzen Kohlröschen in einigen Gegenden gar nicht so selten Farbvarietäten bilden, die der typischen Nigritella corneliana nahe kommen. Solche Varietäten haben wir auch im Verbreitungsgebiet von Nigritella corneliana gefunden. Bleibt noch der Blühzeitpunkt als Unterscheidungsmerkmal. Aber der ist abhängig vom jeweiligen Witterungsverlauf der einzelnen Jahre und deshalb in manchen Fällen ebenfalls problematisch.

In größeren Höhenlagen, wo schwarze Kohlröschen nicht mehr oder nur sehr selten vorkommen oder dort wo Nigritella corneliana bzw. Nigritella rhellicani Reinbestände bildet, ist eine Zuordnung der Arten gut möglich, aber dennoch nicht unproblematisch. Dies liegt an verschiedenen Unterarten und Varietäten, die im Laufe der Jahre beschrieben wurden. Inwieweit diese Unterarten und Varietäten wissenschaftlich berechtigt sind, sei dahingestellt. Dies gilt beispielsweise für Nigritella corneliana ssp. bourneriasii (E.& R. BREINER) KLEIN 1996. Auch wir haben solche Einzelexemplare wie in der Literatur beschrieben an mehreren Standorten gefunden. In Anbetracht der Variabilität von Nigritella corneliana sei bezweifelt, dass der Status einer Subspezies gerechtfertigt ist. Die Abbildung zeigt eine entsprechende Pflanze mit einheitlich braun-roten Blüten und dichtem Blütenstand.

Sehr selten zu beobachten sind Albinos von Nigritella corneliana. Ihre Blüten sind grünlich oder weißlich ohne jegliche rot-Komponente. Im Gegensatz zum schwarzen Kohlröschen, das insbesondere mit Gymnadenia conopsea und auch Gymnadenia odoratissima gar nicht selten (Dolomiten!) Hybriden bildet, sind solche Mischformen bei Nigritella corneliana echte Raritäten, was natürlich auch am verhältnismäßig kleinen Verbreitungsgebiet der Art liegt. Auch zwischen schwarzen Kohlröschen und Nigritella corneliana gibt es Hybriden, wahrscheinlich mehr als man denkt, denn sie sind meist schwer zu erkennen. Von der Hybride mit Pseudorchis albida ist bislang nur ein Exemplar aus der Isère beschrieben worden.

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Gruppe von Nigritella corneliana in typischer Ausprägung


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In den Beständen von voll erblühten Nigritella corneliana findet man vereinzelt einheitlich rot bis rotbraun blühende Exemplare, die bereits im Abblühen begriffen sind. Hier könnte es sich um die in der Literatur beschriebene Nigritella corneliana ssp. bourneriasii handeln.


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Bild 4: Die Abbildungen 4 und 5, aufgenommen am gleichen Standort im Übergangsbereich von schwarzen Kohlröschen und Nigritella corneliana, verdeutlichen die Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Arten. In Abbildung 4 ist rechts eine typische Nigritella corneliana zu erkennen. Auch bei der Pflanze links müsste es sich um diese Art handeln. Derart dunkel gefärbte Exemplare waren an diesem Standort ebenso häifig wie typische Exemplare. Hier wird deutlich wie variabel die Blütenfärbung sein kann


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Bei der Pflanze rechts im Bild handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Nigritella nigra ssp. gallica. Die gefundenen Exemplare waren gerade am aufblühen. Links dürfte es sich wieder um Nigritella corneliana handeln, die Pflanzen sind bereits voll erblüht. Die Lippendiagnose ist nicht eindeutig, es könnte sich auch um hellerblütige Nigritella nigra ssp. gallica handeln.