Orchis
punctulata gehört zu den gelbblühenden Knabenkraut-Arten,
die gegenüber ihren rotblühenden Brüdern in der Minderzahl
sind. Wer es zum ersten Mal sieht, wird ob der stattlichen Größe
und der hübschen Lippenzeichnung beeindruckt sein. Meine erste
Begegnung mit dieser hübschen Art auf Zypern wurde mir fast zum
Verhängnis. Alleine unterwegs, fand ich einige Exemplare am Rande
eines kleinen Baches. Völlig beschäftigt mit Fotografieren
bemerkte ich erst recht spät, dass nur wenige Meter neben mir gut
getarnt eine Vipera lebetina lag. Die Levanteotter ist die giftigste
Schlangenart im Mittelmeerraum und hat die unangenehme Eigenschaft,
bei Gefahr nicht zu fliehen und sich auf ihre Tarnung zu verlassen.
Wäre ich versehentlich draufgetreten, könnten Sie diese Orchideenseiten
wahrscheinlich nicht lesen.
Orchis punctulata
ist eine vorderasiatische Art, die Europa auf der Krim und in Thrazien
erreicht. Ferner kommt sie auf Zypern, in Westsyrien, Israel, Aserbeidschan,
im Libanon, im Kaukasus und wahrscheinlich auch auf Rhodos vor. Die
Art ist damit ein ostmediterran orientalisch ost-submediterranes Florenelement.
Die Pflanze wird bis 90 Zentimeter hoch, wobei besonders kräftige
und großblütige Exemplare von einigen Autoren zu einer gesonderten
Unterart "sepulchralis" gezählt werden. Der Blütenstand
ist auffällig dicht und bis über einhundertblütig. Typisch
sind die bräunlich geaderten Innenseiten der Blütenhelme,
die rötlichen Haarbüschel auf der Lippe und die braunroten,
meist gebogenen Lippenzipfel.
Die Art blüht
von Februar bis April und damit vergleichsweise früh. Man findet
das punktierte Knabenkraut meist in lichten Kiefern- und Eichenwäldern,
aber auch in Macchien und Garriguen bis hinauf in 1.350 Meter über
dem Meer. Es ist eine etwas anspruchsvollere Art, ähnlich Orchis
purpurea und braucht mäßig trockene, basenreiche Böden.
Sie ist insgesamt selten, bildet meist keine dichteren Bestände,
sondern kommt zerstreut und in wenigen Exemplaren vor. In der Türkei
ist die Art durch Überweidung und Ausgraben der Knollen stark bedroht.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 42. Hybriden sind bekannt mit
O. caucasica und O. simia. Sie sind wegen der gelb-roten Mischfarbe
besonders attraktiv, fehlen aber leider noch in unserer Sammlung.